Von der Dynamik und der Faktizität des Archivs

Archiv – Wissen – Material

Von der Dynamik und der Faktizität des Archivs

Zu 75 Jahre Archiv der Akademie der Künste und der Ausstellung Out of the Box

In der Akademie der Künste am Pariser Platz 4 wurde unlängst die Ausstellung Out of the Box mit einem Crescendo zweier Becken vom Präsidenten der Akademie der Künste, Manos Tsangaris, eröffnet. Zum 75jährigen Jubiläum des Archivs bzw. der Archive der Akademie werden 75 Archivstücke ausgestellt von Hermann Scherchens „Nullstrahler“ über die Blechtrommel als Requisit aus Volker Schlöndorffs Verfilmung des gleichnamigen Romans von Günter Grass über den Künstlerkoffer von Otto Dix bis zu Helene Weigels Archivformulierung zur Einrichtung der Bertolt-Brecht-Archivs: „Warum sollte es sonst geschaffen werden? Ich weiß nicht, wie es mit anderen Archiven steht. Ich meine, sie müssten alle benutzt werden können!“

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Was ist ein Archiv? In seiner kurzen Eröffnungsrede knüpfte der Komponist Manos Tsangaris mit einem Schwenk auf die Präsidentschaft Donald Trumps in den USA an Hannah Arendt an. Ein Archiv sei ein faktisches Bollwerk gegen das Vergessen. In den USA wird durch das antidemokratische, rechtsgerichtete, die Gewaltenteilung aushöhlende Project 2025 „The Conservative Promise“ das demokratische System umgestaltet, wie am 21.10.2025 in den Tagesthemen und im Gespräch mit dem Historiker Thomas Zimmer berichtet wurde. Von über 300 Vorhaben sind bereits 118 umgesetzt worden. Hannah Arendt ist indessen nicht als Denkerin des Archivs prominent hervorgetreten. Eher könnte Michel Foucaults Archäologie des Wissens/Archéologie Du Savoir (1969) einen Wink auf das Archiv und insbesondere das der Akademie der Künste geben.  

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Der Direktor des Archivs der Akademie, Werner Heegewaldt, verwies in seiner Rede auf das Gründungsdatum des Heinrich-Mann-Archivs in der „Deutschen Akademie der Künste“ 1950 in Ost-Berlin. Heinrich Mann war 1949 das Präsidentenamt der „Deutschen Akademie der Künste“ angetragen worden, als er noch in den USA, Santa Monica, als tschechoslowakischer Staatsbürger im Exil lebte. Seine zweite Frau, Nelly Mann, war schon 1944 in Santa Monica verstorben. Heinrich Mann war bereits 1931 Präsident der Sektion Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste gewesen. Im März 1933 waren bereits seine Bücher verbrannt, im August war er von den Nationalsozialisten ausgebürgert worden. Im Archiv befinden sich noch heute Notiz- und Tagebücher. Aus der Überfülle von 1.400 Archiven von Künstlerinnen und Künstlern, wird nun in der von Sabine Wolf, Anneka Metzger und Werner Heegewaldt kuratierten Ausstellung die Winzigkeit von 75 Sammlungsstücken gezeigt. Der Archivglobus aus roten vom Ehrenpräsidenten der Akademie, Klaus Staeck, als Vorlass ins Archiv gelangten Werkzeugkoffern mit Beschriftung lädt schon im Foyer zum Staunen einen.

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Der Archivglobus aus mehr als 500 beschrifteten roten Archivkästen von Klaus Staeck verweist auf eine alternative Ordnung des Archivs im Unterschied zur Ausstellung hin: Presse Akademie der Künste trauert um Günter Grass (229) / 3. Bitterfelder Konferenz III / VORSICHT KUNST! Klaus Staeck Sand fürs Getriebe Museum Folkwang 9. Februar – 8. April 2018 Museum Folkwang Presse I (242) / inter media einladung II (174) / Aktion für mehr Demokratie Patrioten zahlen Steuern / Kontakte 2005 (208) / Konflikt: Grundig-Sekretärin Konflikt: Bad Wimpfen 1984 / Lidl-Aktion I / Italienreise 2002/ Staeck Ausstellungen Veranstaltungen Konflikte 1990 „FÜR OSKAR“ (51) / Kritiken / Jenny Holzer Barbara Kruger / Peter Handke (305) / FRIEDEN MIT DER NATUR Ausstellung im Wald mit Umweltplakaten von Klaus Staeck (385) … Was heißt „Kontakte 2005“ in der Betitelung? Geht es um Kontakte, die Klaus Staeck 2005 hatte? Oder schon die Biennale für Elektroakustische Musik und Klangkunst, KONTAKTE, in der Akademie der Künste?

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Der Archivglobus, wie ich die Kugel nennen möchte, visualisiert eine eigensinnige Ordnung des Grafikers und langjährigen Präsidenten der Akademie Klaus Staeck. Eine Linearität wird unterlaufen. Vielmehr können blitzartige Korrespondenzen unter den roten Archivkästen entstehen, wenn sie geöffnet werden. Zum Globus geformt lassen sie sich allerdings schlecht herausziehen und öffnen. Der Globus könnte zusammenstürzen. Einige Kästen sind mit Jahreszahlen versehen, andere nicht. Es tauchen Namen auf. Und wiederholt „Konflikte“. In der Ausstellungsabteilung „Kunst und Chaos – Die Ordnung der Dinge“ heißt es zur Einführung:
„Dass künstlerisches Schaffen ein kreatives Chaos voraussetzt, ist ein weit verbreitetes Bild: Kunst als produktiver Ausbruch, der Künstler als genialischer Schöpfer. Der Blick in die Archive von Künstlerinnen und Künstlern zeigt andere Ansätze. Akribisch angelegte Ordnungssysteme, detaillierte Materialsammlungen, Arbeitspläne, Listen, Skizzenbücher, visuelle Mindmaps und Karteikästen als Gedankenstützen und Hilfsmittel, um früher Notiertes wiederzufinden.“

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Das Archiv als Gedächtnis und die „Arbeit am Gedächtnis“ zeigten, „welche Aufgaben, Herausforderungen und Erträge sich mit der Arbeit eines lebendigen Kunstarchivs verbinden“, heißt es zur Ausstellung. „Im Zeitalter „alternativer Fakten“ und künstlicher Intelligenz ist das Archiv der Ort verlässlicher Informationen und authentischer Quellen“, formulieren die Kuratorinnen. Das Archiv sei zugleich „offen für neue künstlerische Ausdrucksformen, Medien, Speicherungs- und Kommunikationsformen“. Doch das Archiv als Gedächtnis wurde bereits von Aby Warburg mit seinem Bilderatlas Mnemosyne angespielt.[1] Das Archiv stellt oft allererst die Objekte her, indem beispielsweise Pappkartons ausgepackt oder Künstlerkoffer wie der von Otto Dix aufgeklappt werden. Der Amerika-Nachlass von Heinrich Mann traf 1956 notdürftig in Pappkartons verpackt – MILK WHITE EGGS / BLENDWOOD TABLE & CHAIRS … – über Umwegen – … WASH. DC. – in Prag ein. Die Kartons sind ganz bestimmt verrottet. Oder gehörten die Kartons, in denen sich Heinrich Manns „Arbeitsbibliothek“ befand, nicht auch ins Archiv? Ein Foto von den Kartons kaum geordnet existiert noch im Archiv der Akademie der Künste.

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Die Frage nach dem Gedächtnis als Archiv wird von Hannah Arendt einmal im August 1954 in ihrem Denktagebuch für Politik und Geschichte angeschnitten. Der Begriff Archiv wird indessen von ihr nicht gebraucht. „Für den Handelnden ist die Wirksamkeit, die das Ereignete im Gedächtnis entfaltet und die es geschichtlich macht, immer und durchaus sekundär.“[2] Das heißt allerdings auch, dass „das Ereignete“ im Gedächtnis eine archivarische Spur hinterlässt. In zeitlicher Nähe formuliert Arendt zum „Arbeits- und Lebensprozess“ hinsichtlich des archivarischen Gedächtnisses:
„Dem Leben beziehungsweise der Emanzipation von ihm entspricht das Gedächtnis, das sich gegen das sinn- und rücksichtlose, eigentlich bedenkenlose Weiter des Lebens wehrt und aus dem das Denken stammt: der Arbeit beziehungsweise der Emanzipation von ihr entspricht das Herstellen, das mit der Fabrikation von Werkzeugen, auf welche Arbeit gleichsam abgewälzt wird, anfängt, und in der Herstellung einer Welt von Dingen, die als leblose gerade das Leben überdauern, [endet].“[3]  

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Die deutsche Erstausgabe von Elemente und Ursprünge Totaler Herrschaft von Hannah Arendt aus dem Jahr 1955 erforscht nach dem Geleitwort von Karl Jaspers zwar „die Voraussetzungen, die Bedingungen und Gleislegungen“[4] des Totalitarismus als „Phänomen“, doch sie ist mit dem „Namens-Verzeichnis“ im Unterschied zu einem Sachregister und Wörterverzeichnis im Denktagebuch eher historisch angelegt. Dennoch wird für Hannah Arendt gegen Schluss der Analyse der Begriff der Faktizität wichtig. Die Faktizität muss von „jedem totalitären Regime“ ausgeschaltet werden.
„Der Kampf um totale Herrschaft im Weltmaßstab und die Zerstörung aller anderen Staats- und Herrschaftsformen ist jedem totalitären Regime eigen, weil keines sich auf die Dauer halten könnte, ohne die gesamte Wirklichkeit der Erde zuverlässig zu kontrollieren und jede Faktizität innerhalb der Menschenwelt auszuschalten. Selbst ein einziges Individuum kann absolut und total nur beherrscht werden, wenn die gesamte Erde unter totalitärer Herrschaft steht.“[5]

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Was kann die Faktizität der Archive leisten? In einer medialen Wirklichkeit der „Fake News“, „Hate Speech“, geschönter Statistiken, die durch Lügen so oft passend gemacht werden, dass sich alles zu Drehen beginnt, hat es die Faktizität schwer. Aber hängen ChatGpt, Microsoft Copilot und wie die KIs alle heißen mögen nicht von Fakten ab? – Auf die Suchanfrage nach dem „Amerika-Nachlass“ von Heinrich Mann zitiert Copilot sogleich die Stiftung Exilmuseum Berlin und bietet einen Link zu „Ein Koffer fürs Archiv: Heinrich Mann“ an, wo dann die Fotografie aus dem Archiv der AdK mit Copyright zu sehen ist. 6 Jahre nach Gründung des Heinrich-Mann-Archivs gelangen also auf konservatorisch erschreckende Weise die Pappkartons mit der „Arbeitsbibliothek“, die Nelly Mann „(u)nwiederkäuflich“ nannte, nach Prag, denn Mann hatte als Exilant die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft annehmen müssen.[6] Von Prag gelangten dann die Pappkartons nach Berlin.

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Dem nationalsozialistischen Totalitarismus ging es mit der Ausbürgerung und Bücherverbrennung um die Auslöschung des Gedächtnisses an den Schriftsteller Heinrich Mann und seine Schriften. Doch durch die Gründung des Archivs vor 75 Jahren kehrte das Gedächtnis an und, fast möchte ich sagen, von Heinrich Mann in Form der „Arbeitsbibliothek“ wieder. Aber die „Arbeitsbibliothek“ als eine Art Gedächtnis, ein Archiv für sich im Archiv ließe sich in ihrer Kombinatorik nicht nur nicht wieder kaufen, vielmehr bleibt sie bis zu einem gewissen Grad verschlossen, weil wir nicht wissen, wie Heinrich Mann die Bücher seiner „Arbeitsbibliothek“ gelesen hat. Nichtsdestotrotz weist sie eine Faktizität auf, dass Mann mehr oder weniger systematisch überhaupt eine Bibliothek angekauft hatte, um schriftstellerisch arbeiten zu können. Sind Archive Abfallprodukte künstlerischen Arbeitens? Oder bewahren sie eine Spur, die die künstlerische Produktion allererst ermöglicht hat? Oder gibt es nicht auch Briefe und Tagebücher, die von Künstler*innen eigens für ein Archiv angelegt, geschrieben worden sind?[7]

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Out of the Box ist z.B. mit der Blechtrommel eine heterologische Ausstellung künstlerischer Aussagen geworden. Der Begriff der Aussage gilt nicht nur für die Sprache, vielmehr benennt sie ebenso Klänge, Partituren, Zeichnungen, Tonbandaufnahmen, Lautsprecherkonstruktionen, Malereien, die Blechtrommel etc. und Franz Fühmanns Collage für das Romanprojekt Im Berg (1981). Einerseits gibt es einen „Buchumschlag für den Roman“ Die Blechtrommel von 1959 aus dem Günter-Grass-Archiv vom Autor selbst mit Bleistift und Tusche entworfen. Dann gibt es das Filmrequisit, das aussieht wie die Blechtrommel auf dem Buchumschlag. Andererseits wurde der Roman Die Blechtrommel 2006 in einem Interview mit dem Grass für die Frankfurter Allgemeine Zeitung wichtig, in dem er erklärte, warum er 60 Jahre über seine SS-Mitgliedschaft geschwiegen habe. „Warum ich nach sechzig Jahren mein Schweigen breche“ Der Roman von 1959 thematisierte an dem Jungen Oskar Matzerath, der 1924 in Danzig zur Welt kam, den Nationalsozialismus. Grass wurde 1927 Danzig geboren. Die Erzählerfigur Oskar schwankt zwischen Begeisterung, Mitläufertum und Rebell. Durch die Verfilmung von Volker Schlöndorff 1979 wurde der Roman für viele Deutsche zu einer zentralen Erzählung vom Nationalsozialismus in der Bundesrepublik. Grass‘ Mitgliedschaft als Siebzehnjähriger in der Waffen-SS erschütterte das Vertrauen in den Literaturnobelpreisträger (1999).

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Die großformatige Feuilletonseite mit dem Grass-Interview liegt in der Ausstellung neben dem Buchumschlag für den Roman. Im Interview geht es nicht zuletzt darum, was für Günter Grass wann sagbar gewesen war. Man könnte sagen, dass es im Laufe der Jahre nach 1945 für Grass als politischem und mit Preisen vielfach ausgezeichneten Autor immer schwerer geworden war, über die Mitgliedschaft in der Waffen-SS zu sprechen. Nicht zuletzt wurde er zum Literaturnobelpreiskandidaten. Im Interview stellt Grass das Schreiben seines Romans in den Kontext der Diskurse der fünfziger Jahre.
„… ich will noch einmal zurückkehren in die fünfziger Jahre, um Ihnen meinen Ansatz beim Schreiben der „Blechtrommel“ zu erklären. Was zuvor, 1945, geschehen war, galt als Zusammenbruch, war nicht die bedingungslose Kapitulation. Verharmlosend hieß es: Es wurde dunkel in Deutschland. Es wurde so getan, als wäre das arme deutsche Volk von einer Horde schwarzer Gesellen verführt worden. Und das stimmte nicht. Ich habe als Kind miterlebt, wie alles am hellen Tag passierte. Und zwar mit Begeisterung und mit Zuspruch. Natürlich auch durch Verführung, auch das, ganz gewiß. Was die Jugend betrifft: Viele, viele waren begeistert dabei. Und dieser Begeisterung und ihren Ursachen wollte ich nachgehen, schon beim Schreiben der „Blechtrommel“ …“[8]

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Eine Feuilletonseite, der Buchumschlag und die Blechtrommel bilden in der Ausstellung eine Konstellation, die einen Wink auf das Wissen des Archivs geben kann. Das Archivwissen lässt aus seiner Heterologie anderes Wissen hervorspringen. Neben den anderen Exponaten ist es vor allem die Konstellation der Archivalien um den Roman Die Blechtrommel, die die Dynamik und das Wissen des Archivs in Szene setzt. Michel Foucault hat in seiner Archäologie des Wissens das Archiv als ein Gesetz formuliert:
„Das Archiv ist zunächst das Gesetz dessen, was gesagt werden kann, das System, das das Erscheinen der Aussagen als einzelner Ereignisse beherrscht. Aber das Archiv ist auch das, was bewirkt, daß all diese Dinge sich nicht bis ins Unendliche in einer amorphen Vielzahl anhäufen, sich auch nicht in eine bruchlose Linearität einschreiben und nicht allein schon bei zufälligen äußeren Umständen verschwinden; sondern daß sie sich in distinkten Figuren anordnen, sich aufgrund vielfältiger Beziehungen miteinander verbinden, gemäß spezifischen Regelmäßigkeiten sich behaupten oder verfließen;“[9]

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Out of the Box reflektiert an den 75 Ausstellungsstücken die Arbeit am multimedialen Gedächtnis. Die Wege der Dinge ins Archiv sind in der Archivdatenbank vermerkt. Für die Frage der Provenienz ist das entscheidend. Der von Hermann Scherchen (1891-1966) beim Deutschen Patentamt mit dem Titel „Lautsprecheranordnung zur Erzeugung eines homogenen Klangfeldes“ angemeldete „Nullstrahler“ gelangte postum 1974 als Geschenk seines Experimentalstudios Gravesano in das Archiv und nimmt in der Ausstellung einen prominenten Platz ein. 2017 wurde er zum zentralen Objekt bei der Biennale für Elektroakustische Musik und Klangkunst KONTAKTE und die Komponistin Kerstin Reese schrieb das Stück Atmende Kugel für sechs Stimmen und rotierende Lautsprecherkugel.[10] Insofern und im Unterschied zum „Nullstrahler“ als Ausstellungsstück beinhaltet die Arbeit am Gedächtnis immer wieder Aktualisierungen. Die Pionierarbeit von Hermann Scherchen für die Elektroakustische Musik und Klangkunst beginnt sich zu drehen. Für die Arbeit am Gedächtnis und dem Archiv als Gesetz, wie es Michel Foucault formuliert hat, geht es nicht zuletzt um ein Umschreiben, Umnutzen durch neue Praktiken. Das belebt das Archiv einerseits und macht es instabil andererseits. Die Arbeit am Gedächtnis greift die bloße Faktizität des Archivs an.

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Die Geschichte des Archivs reicht bis in die Zeit der Gründung der Akademie der Künste am 11. Juli 1696 durch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, der die Akademie nach Pariser bzw. französisch-absolutistischem Vorbild als moderne Institution veranlasst, um so seinen Anspruch auf das Königtum Preußens zu legitimieren. Weitere Gründungen in diesem Kontext sind die Gründung der Akademie der Wissenschaften am 11. Juli 1700 und die der Charité am 14. November 1709. Der barocke Umbau des Berliner Schlosses geht ebenso auf die Legitimationsbestrebungen Friedrich III. zurück.[11] Am 18. Januar 1701 krönte er sich selbst zu König Friedrich I. von Preußen in Königsberg. Aus der 325jährigen Geschichte der Akademie gelangten durch die Neuordnung der Akademie der Künste nach 1989 weitere Sammlungsstücke wie das Bildnis des Selim du Darfour (1807) aus dem Nachlass von Johann Gottfried Schadow ins Archiv.[12] Schadow begrüßte als Fortschritt die Vermessung des Menschen und fertigte das Bildnis des Soldaten aus dem Gefolge des Brigadegenerals Charles-Étienne-François de Ruty maßstabsgetreu, aber als Afrikaner an.[13] Die Problematik der Vermessung des Menschen muss nun an der Büste diskutiert werden.

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Nachlässe, Vorlässe, Schenkungen und Ankäufe gehören zur Generierung des Archivs. Durch die Kurator*innen der Ausstellung Sabine Wolf, Anneka Metzger und Werner Heegewaldt wird das Archiv heterologisch und dynamisch. Es sind nicht nur die 75 einzelnen Archivalien, die die Besucher*innen bestaunen könnte, vielmehr ergeben sich aus den Konstellationen Korrespondenzen über das Potential eines lebendigen Archivs.

Torsten Flüh

Out of the Box
75 Jahre Archiv der Akademie der Künste

bis 18. Januar 2026
Akademie der Künste
Pariser Platz 4
10117 Berlin

Di – Fr 14 – 19 Uhr
Sa, So, Feiertag 11 – 19 Uhr
€ 10/7
Eintritt frei bis 18 Jahre, dienstags
Ein Audioguide in deutscher und englischer Sprache steht hier zur Verfügung.

Außerdem haben Schüler*innen einen Audioguide für Schüler*innen (ab Klasse 8) konzipiert: Einen Oscar für Oskar


[1] Siehe Torsten Flüh: Zur Intelligibilität des Bilderatlas Mnemosyne. Über die Ausstellung und das Buch „Aby Warburg: Bilderatlas Mnemosyne – Das Original“ im Haus der Kulturen der Welt. In: NIGHT OUT @ BERLIN 9. Oktober 2020.

[2] Hannah Arendt: Denktagebuch. 1950-1973 Erster Band. München/Berlin: Piper, 2016, S. 496.

[3] Ebenda S. 491.

[4] Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge Totaler Herrschaft. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt, 1955, S. VII.

[5] Ebenda S. 622 – 623.

[6] Siehe: Stiftung Exilmuseum Berlin: Aktuell: 30. Januar 2025.

[7] Siehe u.a. Torsten Flüh: Die Schwebe und die „Grenzen des Sagbaren“. Zur Herausgabe des Briefwechsels von Sarah Kirsch und Christa Wolf mit dem Titel »Wir haben uns wirklich an allerhand gewöhnt«. In: NIGHT OUT @ BERLIN 12. Dezember 2019.

[8] Günter Grass: „Warum ich nach sechzig Jahren mein Schweigen breche“ In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 12.August 2006.

[9] Michel Foucault: Archäologie des Wissens. Frankfurt am Main: suhrkamp taschenbuch wissenschaft 356, 1981, S. 187. (Das Exemplar in der Universitätsbibliothek der HU Berlin Zweigbibliothek Philosophie enthält unter dem Stempel „Ungültig“ den Stempel „Akademie der Wissenschaften der DDR – Zentralinstitut für Philosophie – – Bibliothek –“) 

[10] Siehe Torsten Flüh: Von der Rückkehr des Nullstrahlers. Zu KONTAKTE ’17, der 2. Biennale für Elektroakustische Musik und Klangkunst in der Akademie der Künste. In: NIGHT OUT @ Berlin 2. Oktober 2017. (PDF)

[11] Siehe Torsten Flüh: Angenommen. Zur Architektur und den ersten 100 Tagen des Humboldt Forums sowie Durchlüften – Open Air im Schlüterhof. In: NIGHT OUT @ BERLIN 6. August 2021.

[12] Siehe Torsten Flüh: Vom vermessenen Augenblick. Zur Ausstellung Johann Gottfried Schadow – Berührende Formen in der Alten Nationalgalerie. In: NIGHT OUT @ BERLIN 16. Februar 2023.

[13] Siehe auch die Zeichnung von Schadow im Archiv der AdK.

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