Im Körperkosmos und im Rausch

Theater – Parkinson – Körper

Im Körperkosmos und im Rausch

Zu Kater der Zukunft als Gastspiel von Mass & Fieber Ost im Theater Discounter

Für den Kater wird der Theaterabend ein Fest. Applaus! Wer ist der Kater? Der Kater ist nicht nur eine männliche Katze, vielmehr hat die Theaterfigur der Schauspieler Hans-Jörg Frey mitentwickelt. Es geht auch um einen Kater als körperliches und mentales Unwohlsein nach einem Rausch. Der Kater spielt, tanzt und singt mit seinen Mitspielerinnen Kali (Nica Heru) und Fox (Antonia Labs) in einer Drei-Generationen-Version Good Day Sunshine von den Beatles. Er hat einen Körper, einen Schauspielerkörper mit einem „Untermieter“ alias „Katerson“ alias Parkinson. Parkinson spielt dem Muskel für Muskel trainierten Schauspielerkörper Streiche. Oder Parkinson wird medikamentiert, damit er Ruhe gibt? Die Zeit des Theaterabends im Theater Discounter in der Klosterstraße 44 wird dem Kater, Kali und Fox mit prominenten Freundinnen wie die Schauspielerin Daniela Ziegler im Publikum zum Freudenfest. 

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Theaterspielen mit Parkinson? Parkinson sitzt im Gehirn des Schauspielers Hans-Jörg Frey, wie die Diagnose sagt. Der lebenslange Menschenverkörperer weiß nicht, wann „Katerson“ was macht. Das ist höchst beunruhigend für einen Menschen mit 72, der es gewohnt war, auf den Brettern, die die Welt bedeuten, zu liefern: Text, Gesten, Gefühle, Unterhaltung. Brigitte Helbling (Text) und Niklaus Helbling (Regie) haben mit Hans-Jörg Frey Parkinson mit seiner tickenden „Parkinsonuhr“ auf die Theaterbühne geholt, wo er sonst nicht vorkommt. Er oder es ist zugleich da im Körper, wird Text, Diagnose und ist nicht da, weil medikamentiert oder mit Stabilität weggespielt. Für den Regisseur Niklaus Helbling wurde seit den 90er Jahren der Körper der Schauspieler*innen immer wichtiger. Kater der Zukunft ist nicht zuletzt ein Stück über das Theater, über Körper und Kontrolle, über Dionysos und Choreographie.

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Kater der Zukunft ist die Silber-Jubiläums-Produktion der schweizerisch-hamburgischen Theatergruppe Mass + Fieber Ost um Niklaus und Brigitte Helbling sowie Antonia Labs. Mit Fall Out Girl von Brigitte Helbling gastierte Mass + Fieber im November 2012 im Ballhaus OST, in der Hauptrolle Antonia Labs. Felix Huber, der die „Katermusik“ gemacht hat, arbeitete bereits an der Musik für Fall Out Girl mit. 2020 wurde die Lecture Performance Die Mondmaschine (Brigitte Hebling) im LIVE TALK als Hauptsache Online #2 beim Festival Hauptsache Frei diskutiert.[1] Mehrdeutig, aber lakonisch geht die Theatergruppe mit dem Kater ihrer „Lust an Fiktionen nach und zieht Bilanz aus 25 Jahre Theaterarbeit“, wie es im Programm heißt.[2] Um welche Fiktionen geht es?

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Das Stück ist ein Schauspielerstück, denn Kater, Kali und Fox sind Schauspieler*innen. Sie helfen einander, sprechen miteinander und denken über das Theater seit Dionysos nach. Den Dionysos, wie er von Euripides im Drama Die Bakkchen hineingeschrieben worden ist, um ihn aus der Geschichte des Dramas hinauszuschreiben, gibt es im Kater. Dionysos gehört zum Theater des Unkalkulierbaren. Mit Dionysos tickt da etwas aus im und mit dem Theater. Es kommt der Rausch. Das Theater macht etwas mit einem. Es hat mit Kater viel gemacht.
„Die schwarzen Tage des Dionysos, natürlich! Das fängt ganz harmlos an. „Es war öd, öd, öd, der Tag war blöd, blöd, blöd…“ Und dann steigert sich alles in den Wahnsinn. Am Ende sind die Söhne zerfleischt und die Töchter geschändet und der Goldfisch japst in der Teekanne. – Dingens, wird Zeit für meine Pillen. Die roten. Wo sind die?“[3] 

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Mit Michel Foucault ließe sich fragen, ob das Unkalkulierbare, das Zittern mit Parkinson, der Kontrollverlust im Gehirn nicht immer schon jene Kraft im Theater war, die ausgegrenzt werden musste. Die Bakkchen zerfleischen ihre Söhne. Da muss ein Riegel vorgeschoben werden.[4] Der fundamentale Rechtsbruch des Kannibalismus, des Zerfleischen-Essens, das über die Körper herfallen, musste reguliert werden. Auch das Inzest-Verbot zwischen Müttern und Söhnen wird in den Bakkchen angespielt. Es ist alles da im Text. Wenn man beispielsweise im Deutschen an das Tätigkeitswort verschlingen denkt. Das Verschlingen muss ein Missgeschick gewesen sein. Man denke beispielsweise an Heinrich von Kleists Penthesileas „Küsse, Bisse.“ – „– So war es ein Versehen. Küsse, Bisse,/Das reimt sich, und wer recht von Herzen liebt,/Kann schon das Eine für das Andre greifen.“ – Denn im Theater werden nicht nur die Körper miteinander verschlungen.
„Das war sie irgendwann auch. Anfangs nicht, die Frau war eine Kanone, so high war ich nie wieder. Wir haben uns verschlungen, das Publikum hat uns verschlungen, das Theater hat uns nochmal als Paar besetzt und nochmal und wir waren total elektrisch, bis sie irgendwann in der Psychiatrie landete. Die Psychopharmaka haben’s dann wieder gerichtet.“[5]

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Im Theater geht es mit der Ambiguität ums Verschlingen. Das Publikum will die Menschen auf der Bühne ineinander verschlungen sehen. Im Guten wie im Bösen. Doch zugleich schwingt dabei das Dionysische der Verwechslungen im Verb mit. Plötzlich verschlingt eine/r eine/n Andere/n. Das Theater frisst Körper auf. Ein regelrechter Körperfresser! Und bringt sie hervor. Die Grenze zwischen begeisterndem Theater zum Verschlingen und Psychiatrie ist dünn, sagt Kater. Doch heute lässt sich das Gefährliche der Verschlingungen mit „Psychopharmaka“ wieder einrichten, wie Kater so sagt. Mit großer Leichtigkeit durch Konzentration wird das Schauspielerstück zu einer flotten Tiefenbefragung der Theaterpraktiken. Parkinson agiert wie Dionysos, ließe sich sagen. Auf der Bühne steht ein begeisterndes Trio – Kater, Kali, Fox –, das ändert alles:
„Einander zugewandt müssen die drei schon sein, miteinander zu tun haben wollen, weil sie einander brauchen, weil sie sich mögen. Weil sie zu dritt so viel weiterkommen als allein, im schnellen Wechsel der Konstellationen. Da kommt die Dynamik her, die Beschleunigung, die Euphorie. Die keine Grenzen kennt. Sagt der Regisseur.“[6]

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Es gibt das Theater als Praxis der Schauspieler*innen. Und es gibt Praktiken im Theater, die variieren können, doch in der deutschen Stadttheater-Betriebslandschaft selten variiert werden. Kater kommt aus dem Stadttheater in Deutschland. Stadttheater ist schon anders als Staatstheater oder gar freies Theater wie von Mass + Fieber. Kategorien, Budgets, Mass an Freiheit, Kultur- und Finanzpolitik, gerade in Berlin mit Theater Discounter (TD) und Deutschem Theater (DT). Es geht immer um Trennlinien, um Linien im Theater. Eine Choreographie der Auftritte. Wo verlaufen die Trennlinien? Von der Bühne als gefeierte/r Schauspieler/in in die Psychiatrie? Es gibt sehr berühmte Schauspieler, die früher und heute gar nicht ohne psychiatrische Begleitung spielen können. Was heißt dieser Raumwechsel dann für die gesellschaftlichen Mechanismen nicht zuletzt eines hoch ausdifferenzierten Gesundheitssystems, das allererst von einer Minute auf die andere den Wechsel zwischen Bühne und Psychiatrie, zwischen Gesundheit und Krankheit, zwischen Sinn/Sinnlichkeit und Wahnsinn ermöglicht und strukturiert?

© Kerstin Schomburg

Im Körper auf dem Theater lassen sich die Trennlinien nicht so gut aufrechterhalten. Das 9. Szenenbild des Stückes trägt den Titel „Der Körper auf der Bühne“. Der Körper und das Theater als Bühne werden seit der Antike diskutiert. In seinem Theater der Grausamkeit/Théâtre de la cruauté (1938) rückt Antonin Artaud den Körper in ein neuartiges Verhältnis zur Bühne. Doch der Regisseur Niklaus Helbling knüpft mit seiner Inszenierung nicht nur an die Artaudsche Theatertheorie an, gibt mit Indonesien und dem indonesisch anmutenden, aber älteren Brettspiel Hunde- und Schakalspiel als Requisite nicht nur einen Wink auf Artauds balinesisches Theater, vielmehr noch wurde er durch Beobachtungen von Schauspieler*innen, gar Feldstudien zu einem mikrologischen Leser der Schauspielerkörper wie den „Fesseln“ einer Schauspielerin:
„Ich habe Schauspielerinnen und Schauspieler befragt, wie sie ihren Beruf an ihrem Körper erleben und wie sie das, was sie erleben, beschreiben würden. Da ging es um die Entwicklung über die Berufsjahre hinweg, sicher auch um die gängigen Themen wie: Welche Rolle spielen Hierarchie, Übergriffe, und so weiter, aber doch mehr noch: Wie spielst du, welche Rolle spielt dein Körper bei der Reproduktion eines Stücks über viele Aufführungen hinweg, wie stellst du Intimität her mit Partnerinnen, Partnern, usw. Themen, die jetzt auch im Stück ein bisschen vorkommen, ohne dass sie besonders vordergründig sind. Mir gefällt sehr die Idee, dass es eine Art Körperkosmos im Theater gibt.“[7]

© Kerstin Schomburg

Da das Theater über das Körpertheater, den „Körperkosmos“ nicht „vordergründig“ sein darf, weil es dann als Theatertext mit seinen Hakenschlägen, Wortspielen, Vieldeutigkeiten, mit seinem Rhythmus und dem Suspense nicht funktionieren würde, wird im Trio wie in einem Schneeballspiel jeder Ballsatz blitzschnell formuliert, zielgenau geworfen und erwidert.
„KALI
Und die Typen von der Regie? Was macht ihr, wenn die euch anschauen, als wärt ihr die Kirsche auf dem Sahnetörtchen?
KATER
Mich freuen?
FOX
Mit oder ohne Anfassen? Und wenn mit: Auf der Bühne oder bei der Nachbesprechung? Bei der Premierenfeier? Macht er einen auf Verführer? Schickt er dir nachts SMS? Oder spielt er Therapeut? Nutzt er einen Moment der Schwäche aus und umarmt dich zu lang? Und wie ist es mit den Körpern unter Kollegen? Für mich ist es eines der größten Privilegien im Theater, dass man von Kunst wegen Körperkontakt haben darf. Aber sicher ist nichts.
KATER
Die Bühne ist das Gegenteil von einem Safe Space.“[8]

© Kerstin Schomburg

Die Komplexität des „Körperkosmos“ und der Körperpraktiken auf der Bühne hat sich beispielsweise seit der MeToo-Debatte in den letzten 25 und mehr Jahren entschieden verschoben. Die „Typen von der Regie“ vor und auf der Bühne oder vor der Kamera, was noch einmal anders ist, haben immer auch mit ihrer institutionalisierten Macht über die Schauspieler*innen-Körper bestimmt. Die Choreographin Swanhild Kruckelmann hat im Gespräch mit Niklaus und Brigitte Helbling ausführlich über ihre Tänzerinnenausbildung und professionelle Arbeit als Tänzerin gesprochen. Was im Ballett als Inbegriff von Körperlichkeit, Körperschönheit und Körperbeherrschung auf der Bühne präsentiert wird, war für Swanhild Kruckelmann ein ganz anderes Theater der Grausamkeit, des Rausches und der Verletzungen.
„Einen gesunden Umgang mit dem Körper habe ich da nicht gelernt. Das lag auch an den Lehrerinnen, man musste funktionieren, es war ein reines Funktionieren, obwohl, es waren alles Pina Bausch Tänzerinnen, und die waren alle sehr… – natürlich auch Diven. Nicht unbedingt die besten Pädagoginnen, vor allem nicht für mich, die gerade erst angefangen hatte. Und deswegen bin ich da mit sehr vielen Verletzungen durch, wollte mehrmals auch aufgeben, weil ich merkte, ich kann nicht mehr – aber irgendwie war ich immer auch so getrieben. Dann doch. Das war wie ein Rausch.“[9]

© Kerstin Schomburg

Der Rausch am Theater, der Rausch auf der Bühne ist verführerisch, weil er „sehr viele() Verletzungen“ hervorbringt. Doch der Rausch spielt/e gewiss auch für Kater/Frey eine wichtige Rolle, wenn er seine Schwester vorwurfsvoll sagen lässt: „Es war das verdammte Theater!“ Doch Kater antwortet trotzig: „Ich habe es geliebt! Ich habe es gemacht! Ich habe es gewollt!“ Könnte das Theater am Parkinson Schuld sein? Oder andersherum? Das Theater nimmt Parkinson mit und Kater/Frey vergisst ihn und bekommt viel „Sicherheit“ im Spiel. Die Choreographin wechselt in ihrer Erzählung fast in die Sprache einer Physiotherapeutin, wenn sie von den Proben mit Hans-Jörg Frey berichtet:
„Am Beginn der zweiten Probephase hatte ich das Gefühl, dass er anfangs weniger beweglich war, vielleicht sogar leicht verunsichert im Vergleich zum Abschluss der ersten. Aber dann ist in den zwei Wochen wieder wahnsinnig viel passiert. Da war mehr Stabilität. Die war wieder da. Ich weiß auch in der ersten Probephase, da fand ich es erstaunlich, wie schnell er sehr viel Sicherheit bekommen hat. Viel Spiel in den Bewegungen. Das ist noch nicht ganz, aber schon auch wieder da.“[10]  

© Kerstin Schomburg

Wie viel dionysischer Rausch im Spiel steckt, lässt sich schwer sagen. Doch die Choreographin formuliert eine Wahrnehmung von „Stabilität“ und „Sicherheit“, die durch die ärztliche Diagnose Parkinson in Frage gestellt worden war. In der Vorstellung im Theater Discounter wird die Lust am Spiel des Trios derart präsent, dass die blaue, vierfächerige Tablettenbox für „Morgen Mittag Abend Nacht“ als Requisite für Kater fast ein Fremdkörper wird. Braucht er die Tabletten wirklich? Kater der Zukunft ist ganz großes Schauspielertheater mit Hans-Jörg Frey, Nica Heru und Antonia Labs. Schauspieler*innen, die Schauspieler spielen, die ständig an die Grenzen ihrer Schauspielerexistenz stoßen.
„Der eine Satz vom Kater, nach dem Arztbesuch: „Ich spiel den Katerson, aber ich hab den Katerson auch.“ Als Hans-Jörg ihn gestern sagte, war es für mich das erste Mal so, als würde er ihn für sich denken und für den Kater sagen. Der Satz fand statt in dieser Bühnenzeit, und dadurch wurde diese Bühnenzeit nochmal spezieller.“[11]

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KATER DER ZUKUNFT Spiel: Hans-Jörg Frey, Antonia Labs, Nica Heru / Text: Brigitte Helbling / Regie: Niklaus Helbling / Musik: Felix Huber / Choreographie: Swanhild Kruckelmann / Bühnenbild, Kostüme: Georg & Paul / Technik, Licht: Björn Salzer / Artwork: Thomas Rhyner / Video: Philipp Haupt / Regieassistenz: Till Vonderlage / Produktionsleitung: Manuela Wießner

Die Schauspielerexistenz wird in der Überzahl von Ängsten vor prekären Lebensumständen und dem Traum vom Ruhm möglichst gleich auf der Ebene von Taylor Swift begleitet. Ohnmacht und Macht liegen in der Existenz von Schauspieler*innen oft haarscharf nebeneinander. Auf der Suche nach neuen Engagements kommen Kater, Kali und Fox auf ein Luxuskreuzfahrtschiff, eine Yacht auf dem Weg von Bali (!) nach Auckland. Doch sie kommen nicht weit. Während sie auf der mit abgestelltem Motor dümpelnden Yacht „unter dem Zitronenmond“ die Szene von Silvius (Kater) und Phoebe (Fox) aus Shakespeares As you like it/Wie es euch gefällt spielen, wird das Kreuzfahrtschiff von indonesischen Piraten gekapert und eine Lösegeldforderung von „fünfhundert Millionen Dollar“ gestellt. Bei allem Stabilitätstraining erweist sich der Luxus der Kreuzfahrt als schwankend für die Schauspielerexistenz.

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Worin die Macht des Schauspielers Kater genau besteht, der als Schäfer Silvius in einem Kostüm steckt, das mit Blumen, Weinreben und Trauben an den Rauschgott Dionysos erinnert, lässt sich schwer sagen. Ist es die Macht der „Samen“, die er auf das Deck wirft? Ist es die Macht der Worte, die Kali und Fox erzählerisch die Yacht in Bewegung setzen lassen, bis die Piraten fliehen? Es gibt nichts als die Erzählung vom Schiff im Präsens. Die macht Präsenz. Die Szene heißt Dionysos Calling. Die Symbole des Dionysos wie z.B. der Efeu, Hedera helix, der aus den Fugen kriecht, werden diskret genannt:
„Die Piraten gucken blöd, und dann sehen wir es alle. Die Planken verziehen sich, wölben sich, etwas fängt an aus dem Holz zu brechen, Triebe, Äste, Blätter schlagen aus, Efeu kriecht aus den Fugen, Wurzeln sprengen das Deck, überall breiten sich grüne Pflanzenarme aus. Das Schiff ächzt und regt sich –“

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In Dionysos Calling kommt die „Katermusik“ in ihrer Vielschichtigkeit als Soundtrack mit brechendem Holz etc., Trancemusik und Nietzsche-Zitaten zum Zuge. Vielleicht arbeitet der Soundtrack mit am dionysischen Zauber der Erzählung, die mit mythologischen Winks an der Halluzination arbeitet. „Baum auf Schiff – Soundtrack aus Geräuschen (Samenknistern, berstendes Holz), einem ravigen trancigen Track (für die kreisende Ekstase), Stimmaufnahmen mit Nietzsche-Texten zu Dionysos, am Ende Eskalation mit Orchesterclustern“, notiert Felix Huber zu Dionysos Calling. Die Gegenwart des „Boy-God“ Dionysos, wie Wystan Hugh Auden und Chester Kallman mit Hans Werner Henze als Komponisten, den Naturgott nannten[12], wird audio(visuell) erzeugt, weil wir alle dazu aufgerufen werden, was wir sehen sollen:
„KALI
Siehst du den Jüngling mit dem Weinlaub im Haar – siehst Du ihn? Umlagert von Tigern und Luchsen –

FOX
Ich seh ihn!
Den wehrlosen Knaben, dem nicht Fehde behagt,
das Haar mit Myrrhen gesalbt und weibisch bekränzt,“

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Hans-Jörg Frey, Nica Heru und Antonia Labs haben mit Brigitte Helbling und Niklaus Helbling sowie Swanhild Kruckelmann, aber auch mit Felix Huber und George & Paul (Bühne + Kostüme) einen fulminanten Theaterabend erarbeitet. Und was ist mit der Kunst des Betrugs? Das rote Buch des Katers, das von Niklaus Helbling angelegt wurde, spielt auch eine Rolle. Und dann wäre da noch die Frage der Selbstfiktion für die Schauspieler-Existenz. Schwester, Arzt sowie Schäfer Silvius und Schäferin Phoebe mögen Rollen sein. Bei Kater, Kali und Fox wird das schon schwieriger die Rolle des Schauspielers vom Schauspieler abzustreifen. Den Inhalt macht der Prozess mit seinen witzigen Winks.

Torsten Flüh

Mass & Fieber Ost
Kater der Zukunft
Theater, Parkinson und Die Kunst des Betrugs
(Weitere Vorstellungen sind für 2025 geplant.)


[1] Siehe: Torsten Flüh: Dizzy, dizzy, dizzy. Huuuuu! Oder: Das Erbe der Menschheit. Antonia Labs und Johannes Geißer in Brigitte und Niklaus Helblings FALL OUT GIRL (16. November 2012)
und: Unheimlich unheimlich. Zum „bakterielle(n) Live Talk des Mondmaschine-Teams mit … Claudia Reiche“ via zoom. In: NIGHT OUT @ BERLIN 6. April 2020.

[2] Mass + Fieber/OST: Kater der Zukunft. Theater, Parkinson und Die Kunst des Betrugs. Zürich/Hamburg 2014, S.4. (Programmblatt)

[3] Brigitte Helbling: Kater der Zukunft. Theater, Parkinson und Die Kunst des Betrugs. Berlin: Rowohlt, 2024, 8. Szene: Love is a fever.

[4] Zum Queering des Dionysos-Mythos‘ siehe auch: Torsten Flüh: Queering the Classics. Zu Wystan Hugh Audens, Chester Kallmans und Hans Werner Henzes moderner Antiken-Oper The Bassarids in der Komischen Oper. In. NIGHT OUT @ BERLIN 16. November 2019.

[5] Brigitte Helbling: Kater … [wie Anm. 3].

[6] Brigitte Helbling: Das Trio und die Utopie. In: Mass + Fieber/Ost: Kater… [wie Anm. 2] S. 15.

[7] Niklaus Helbling in: Ein Gespräch zwischen Regisseur Niklaus Helbling und Choreografin Swanhild Kruckelmann zum Probenprozess. In: Ebenda S. 7.

[8] Brigitte Helbling: Kater … [wie Anm. 3].

[9] Swanhild Kruckelmann: Ein … [wie Anm.7] S. 8.

[10] Ebenda S. 9.

[11] Niklaus Helbling: Ein … Ebenda S. 13.

[1] Siehe: Torsten Flüh: Unheimlich unheimlich. Zum „bakterielle(n) Live Talk des Mondmaschine-Teams mit … Claudia Reiche“ via zoom. In: NIGHT OUT @ BERLIN 6. April 2020.

[2] Mass + Fieber/OST: Kater der Zukunft. Theater, Parkinson und Die Kunst des Betrugs. Zürich/Hamburg 2014, S.4. (Programmblatt)

[3] Brigitte Helbling: Kater der Zukunft. Theater, Parkinson und Die Kunst des Betrugs. Berlin: Rowohlt, 2024, 8. Szene: Love is a fever.

[4] Zum Queering des Dionysos-Mythos‘ siehe auch: Torsten Flüh: Queering the Classics. Zu Wystan Hugh Audens, Chester Kallmans und Hans Werner Henzes moderner Antiken-Oper The Bassarids in der Komischen Oper. In. NIGHT OUT @ BERLIN 16. November 2019.

[5] Brigitte Helbling: Kater … [wie Anm. 3].

[6] Brigitte Helbling: Das Trio und die Utopie. In: Mass + Fieber/Ost: Kater… [wie Anm. 2] S. 15.

[7] Niklaus Helbling in: Ein Gespräch zwischen Regisseur Niklaus Helbling und Choreografin Swanhild Kruckelmann zum Probenprozess. In: Ebenda S. 7.

[8] Brigitte Helbling: Kater … [wie Anm. 3].

[9] Swanhild Kruckelmann: Ein … [wie Anm.7] S. 8.

[10] Ebenda S. 9.

[11] Niklaus Helbling: Ein … Ebenda S. 13.

[12] Felix Huber: Einige Notizen zur Katermusik. In: Ebenda S. 18 Zu Auden, Kallman und Henze siehe: Torsten Flüh: Queering … [wie Anm.4]

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