Familie – Herkunft – Trauma
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Zur Veranstaltung Familiengeschichte(n) zwischen Tätern und Opfern mit Nathan Friedenberg im Mitte Museum
Nathan Friedenberg moderierte in der ehemaligen Aula der Gemeindeschule Wedding an der Pankstraße, dem Raum für Sonderausstellungen wie aktuell Charterflug in die Vergangenheit, den Gesprächsabend mit Nirit Ben-Joseph und Dirk Kaesler. Friedenberg leitet das Mitte Museum und das Sachgebiet Erinnerungskultur und Geschichte des Museums an der Pankstraße. Nirit Ben-Joseph hat als Regisseurin den Dokumentarfilm „You look so German!“ gedreht und ein Portfolio an Stadtführungen zu jüdischem Leben durch Berlin entwickelt. Der Soziologe Dirk Kaesler lehrte u.a. an der Universität Hamburg wie der Philipps-Universität Marburg und veröffentlichte 2023 im Vergangenheitsverlag Lügen und Scham. Das Gespräch kreiste um die Frage der Herkunft, die Erinnerungs- bzw. Verdrängungspraktiken nach 1945 und die emotionalen Verstrickungen.

Wie Nathan Friedenberg in seiner Anmoderation en passant erinnerte, wurden ihm die Verdrängungspraktiken in der West-Berliner Gesellschaft nach 1945 irgendwann zu bedrückend. Er verließ Deutschland. Die Atmosphäre in der Stadt, der faschistische Narrative weiterhin präsent waren, wurde in einem Musical für Jugendliche verarbeitet. In West-Berlin lebten die Täter und Täterinnen weiterhin unbehelligt neben den Opfern des Nationalsozialismus. 1986 wurden die „Wilmersdorfer Witwen“ als vermögende Kriegerwitwen mit zumindest erzkonservativer Gesinnung – „Knüppel aus dem Sack!“ – durch das Jugendmusical Linie 1 im Grips Theater geradezu sprichwörtlich. Die Elite des NS-Staates hatte sich zwar nach München und an den Starnberger See oder wie Albert Speer nach Heidelberg abgesetzt,[1] aber es gab noch genügend Wiwis, die aufs „Asylantenpack“ hetzten,[2] und der Villa eines „jüdischen Briefmarkenfälschers“ in Lichterfelde als Wohnsitz nachtrauerten. Vor allem Frauen erinnerten sich an das Leben in der Villa und verdrängten die Deportationen.

Wie kann Erinnerungskultur gelingen? – Einerseits wird im Mitte Museum bis 15. März 2026 die Sonderausstellung Charterflug in die Vergangenheit über das Besuchsprogramm des Berliner Senats für NS-Verfolgte, das 1969 begann, gezeigt. Andererseits gibt es Erinnerungen in Familien, über die geschwiegen oder oft kryptisch gesprochen wird. Nirit Ben-Joseph hat als Israelin erst spät, die Erinnerungen ihrer Familie und die Verflechtungen mit der Shoa und den Deportationen aus Berlin bearbeitet. In der Ausstellung zeigte sie einen ergreifenden Trailer zu ihrem Film „You look so German!“. Dass Nirit Ben-Joseph von Israel nach Deutschland, nach Berlin, in die Stadt der Täter zog, ab 1987 an der Freien Universität studierte, stieß unter den Frauen in ihrer Familie auf Unverständnis. Sie hatte von den ermordeten Verwandten aus Berlin erfahren.

Auf ihren Stadtführungen lässt Nirit Ben-Joseph die Spuren der Erinnerung lebendig werden. Viele Spuren an das jüdische Leben in Deutschland sind in Berlin und anderen Städten während der Enttrümmerung und des Wirtschaftswunders gelöscht worden. Der Alte jüdische Friedhof in der Kieler Michelsenstraße war verwildert und aus dem Gedächtnis der Stadt verdrängt worden. Erst seit 2004 gibt es wieder zwei jüdische Gemeinden, die ihn als Begräbnisplatz nutzen. Die ehemalige Synagoge im schwäbischen Haigerloch wurde als Liegenschaft der Stadt noch in den 80er Jahren als Supermarkt genutzt.[3] Doch als Stadtführerin stellt Ben-Joseph heute die Spuren wieder her, indem sie die Orte recherchiert, aufsucht und von den Geschichten erzählt, die sich dort zugetragen haben. Oft geht es in der Erinnerungskultur heute darum, Orte als Gedenkstätten allererst herzustellen wie den Gedenkort Güterbahnhof Moabit, den das Mitte Museum inhaltlich betreut.

Der Gedenkort Güterbahnhof Moabit verdankt seine verspätete Existenz den städtebaulichen Umstrukturierungsmaßnahmen durch die Auflassung von Gelände der Deutschen Bahn und zivilgesellschaftlichem Erinnerungsengagement an die Verbrechen nationalsozialistischer Akteure. Es ist nicht nur eine abstrakte nationalsozialistische Herrschaft gewesen, vielmehr haben einzelne Menschen aktiv an den Verbrechen aktiv teilgenommen. Sie wurden motiviert von einem Ensemble an Narrativen. Der Güterbahnhof Moabit wurde ab 1942 bis 1944 zum größten Deportationsbahnhof Berlins. Am Rande des Bezirks Moabit und seiner Wohnbebauung lag der Güterbahnhof mitten in der Stadt doch ein wenig abseits. Die Verbrechen geschahen unübersehbar unter den Augen der deutschen Bevölkerung, der Industriearbeiter von Moabit. Heute liegt der Ort des Verbrechens zwischen einem Baumarkt- und einem Supermarktparkplatz. Den zum Gedenkort gestalteten Weg aus Kopfsteinpflaster von der Quitzowstraße zu den Gleisen mit den Deportationswagons gibt es erst seit 2017.[4]

Für Nirit Ben-Joseph war ihre Herkunft als Israelin klar, bevor sie Fragen zu stellen begann. Ihre Eltern wurden bereits in Israel geboren. Ihre Großeltern kamen aus Galizien (heute Ukraine) in den 30er Jahren nach Palästina. Eine Großmutter kam aus der Ukraine (Sowjetunion) nahe der Grenze zu Russland, wie sie im Film erzählt. Dass sie vor der Invasion der Wehrmacht oder schon nach der von Moskau verursachten Hungersnot in der Ukraine nach Palästina geflohen waren, hatte sie ihr nicht erzählt. Im Film sitzen die Frauen vor einem Bildschirm und hören der erstmaligen Erzählung der Großmutter entsetzt zu. Die Angehörigen befanden sich in einer Zwickmühle: Sollten sie 50 Kilometer nach Osten zum „Iwan“ flüchten oder auf die Deutschen warten, die immerhin aus dem Land der Dichter und Denker, „Goethes“, kamen, wie die Frau erzählt. Sie blieben und wurden umgehend ermordet. Angehörige von Nirit Ben-Joseph werden den unscheinbaren Weg von der Quitzowstraße zum Güterbahnhof Moabit gegangen sein…

Die Frage der Herkunft spielt auch in der Sonderausstellung Charterflug in die Vergangenheit eine wichtige Rolle. „Im Laufe der Jahrzehnte folgten etwa 35.000 – zumeist wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgte – Menschen der Einladung nach Berlin“, heißt es in der Einführung zur Ausstellung.[5] Die Herkunftsbestimmung ist immer ebenso berechtigt wie prekär. Hätte man etwa bei einem Besuch Hans Sahls von „jüdischer Herkunft“ gesprochen? Hans Sahl war vor allem als linker Intellektueller und bekannter Theaterkritiker 1933 nach Paris geflohen.[6] Er war ein politisch Verfolgter. Wie andere politisch aktive Menschen und Student*innen, unter ihnen die Soziologie in Frankfurt am Main studierende, in der Roten Studentengruppe aktive Fotografin Gisèle Freund[7], floh Hans Sahl nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten über Prag und Zürich nach Paris. Sahl verstand sich weit mehr als politischer Flüchtling, obwohl er in einer großbürgerlichen jüdischen Familie in Berlin aufgewachsen war.

In einem Gedicht anlässlich seines Berlin-Besuchs 1979 formuliert Hans Sahl das Exil auf hochemotionale Weise. Die Erinnerung an die Ausgrenzung bricht hervor. Als Mitarbeiter mehrerer Zeitungen und Zeitschriften war er in Berlin kommunikativ und gesellschaftlich tief verwurzelt. Die Flucht war für Sahl eine schwere emotionale und intellektuelle Verwundung. Er sollte trotz einer Übersiedlung nach Tübingen 1989 nie wieder richtig heimisch werden in Deutschland, wurde aber nach seinem Tod 1993 auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin bestattet. In der Ausstellung wird sein Gedicht als exemplarisch abgedruckt:
„Als sie zurückkamen aus dem Exil,
drückte man ihnen eine Rose in die Hand.
Die Motoren schwiegen.
Versöhnung fand statt
auf dem Flugplatz in Tegel.
Die Nachgeborenen begrüßten die Überlebenden.
Schuldlose entschuldigen sich für die Schuld
ihrer Väter.“[8]

Sahl setzt auf eindrucksvolle Weise in seinem kurzen Gedicht den Wechsel der Sprache von Deutsch zu Englisch in Szene. Und an der „Küste von Long Island“ überschneidet sich der Anblick mit den „Schwäne(n) auf der Havel“. Die Sprache lässt sich wechseln, aber in den „drinks“ werden „Getränke“ nachklingen und in „sorrow“ die „Trauer“. Das erzwungene Exil macht die Rückkehr schwierig. Gisela Freund aus dem Bayrischen Viertel in Berlin wurde zu Gisèle in Paris, wo ihr der Orden der Ehrenlegion verliehen wurde. In den 90er Jahren durfte sie noch einige Ehrungen durch Ausstellungen in Deutschland erleben. Die Charterflüge in die Vergangenheit des Berliner Senats machten mehrheitlich deutlich, dass die Berliner Herkunft keine Garantie für eine Rückkehr aus dem Exil bedeutete.
„Als die Rose verwelkt war, flogen sie zurück in das Exil
ihrer zweiten, dritten oder vierten Heimat.
Man sprach wieder Englisch.
Getränke verwandelten sich wieder in drinks,
aus Trauer wurde wieder sorrow.
Als sie sich der Küste von Long Island näherten,
sahen sie die Schwäne auf der Havel an sich vorbeiziehen;
und sie weinten.“[9]

Dirk Kaesler eröffnet sein Buch Lügen und Scham über seine Herkunft mit der Frage nach dem Aussehen seines Vaters: „Wie sieht er aus?“ Sieht er dem 33jährigen Kaesler ähnlich? Die Frage des Sohnes nach dem Aussehen seines Vaters, der nach seiner Geburt im Lebensbornheim Taunus in Wiesbaden allein von der Mutter in München aufgezogen worden war, ist kein Zufall. Denn als Sohn einer Angestellten und ihres Vorgesetzten im Lebensbornheim 1944 geboren worden zu sein, ist aufs Tiefste mit dem Aussehen, der Imagination einer deutschen Elite, einer sogenannten „Herrenrasse“ verknüpft. Wie innig die Beziehung zwischen dem Vorgesetzten/Vater und seiner Sekretärin/Mutter gewesen sein mag, ideologisch ging es um die Fortpflanzung eines normativen Aussehens:
„Er ist größer als ich. Seine Geheimratsecken gehen sehr viel weiter nach hinten als meine, er hat eine ausgedehnte Halbglatze. Er trägt eine markante Brille, deren Gestell in der oberen Hälfte dunkel getönt ist und in der unteren Hälfte fast durchsichtig wirkt. Sein Kopf ist weder hager noch dick. Seine Augen blicken mich durchdringend an. Er zeigt sehr regelmäßige, weiße Zähne, wenn er spricht. Gekleidet ist er wie ein Herr, im Anzug mit Hemd und Krawatte. Eine Erscheinung.“[10]

Im Mitte Museum liest Dirk Kaesler von der ersten Begegnung mit seinem biologischen Vater, dessen Namen er nicht nennt und dessen Namen er nicht trägt, weil der Mann, den seine Mutter geheiratet hatte, den Krieg nicht überlebt hatte. Familiengeschichten sind Erzählungen der Herkunft. Wenn in der Konstruktion der Herkunft und Familie eine Lücke klafft, weil ein Vater falsch oder nicht benannt wird, gilt das in den 30er und 40er Jahren als Makel, der der Mutter, der Frau angelastet wird. Es existieren soziale Hierarchien, die es besser situierten, bürgerlichen, meist verheirateten Männern erlauben oder gar als erstrebenswert erscheinen lassen, eine Frau außerhalb einer Ehe zu schwängern, ohne dafür Verantwortung tragen zu müssen. Kaeslers biologischer Vater hat ihn urkundlich als Sohn anerkannt, weil es nach der Lebensborn-Ideologie nicht um Moral und nur um die Verantwortung für einen imaginären Rassestaat ging:
„Ganze drei Monate lebte meine Mutter in diesem Heim, in dem ich am 19. Oktober 1944 um 11:55 Uhr vorzeitig geboren wurde. In einer Bombennacht, darum im Keller des Gebäudes. »Kurz vor zwölf«, hörte ich sehr lange. Es klang immer wie ein Vorwurf. Die Geburtsurkunde aus dem »neuangelegten Geburtenbuch« des Sonderstandesamts Wiesbaden-Bahnholz notiert die Geburt von Dirk Rudolf Mahrenholtz mit dem Vermerk: »Der Geschäftsführer, jetzt SS-Untersturmführer Hubert Rolf, wohnhaft in Hohehorst bei Bremen, staatsangehörig in Deutschland, hat das Kind als von ihm erzeugt anerkannt.«“[11]

Die Frage der Herkunft als eine der deutschen Vaterschaft spielte bis 1999 als ius sanguinis, als „Recht des Blutes“ die alleinige Rolle für die Staatsangehörigkeit des Neugeborenen. Seit 1. Januar 2000 gilt auch das ius soli, das „Recht des Bodens“, also der Geburtsort in Deutschland als entscheidend für die Staatsbürgerschaft. Mütter und Väter gleich welcher Herkunft können daher nach der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit ihres Kindes wählen. Obwohl also das ius soli seit mehr als 25 Jahren in Deutschland neben dem ius sanguinis gilt, blenden das ältere, konservative Deutsche und insbesondere Parteien wie die AfD gerne aus, wenn sie vom Deutschsein sprechen. Das ius sanguinis erlaubte es den Lebensbornkindern, dass sie von Frauen aus Norwegen, Frankreich, Holland, Jugoslawien in Wiesbaden geboren wurden, wie Dirk Kaesler in seinem Buch schreibt.[12]
„Als unehelich geborenes Kind hätte ich damals in vielen Ländern der Erde Schande über mich und meine Mutter gebracht. Nehmen wir an, ich wäre, statt 1944 in der deutschen Stadt Wiesbaden im Gau Hessen-Nassau, im Jahr 1951 im irischen Tuam, einer Kleinstadt im County Galway der Republik Irland, auf die Welt gekommen. Nachdem ich als Patrick Joseph Haverty in das Geburtsregister eingetragen worden wäre, hätte ich – im günstigen Fall – folgendes Schicksal gehabt: Da meine Mutter zum Zeitpunkt meiner Geburt nicht verheiratet war, hätten die erbarmungsvollen Schwestern der seit 1824 bestehenden katholischen Congregation of the Sisters of Bon Secours vielleicht für meine schwangere Mutter die Tore ihres Heims geöffnet.“[13]

In seinem Buch schreibt Dirk Kaesler ausführlich über die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts wie die Ideologie des Lebensborns. Am Beispiel von Patrick Joseph Haverty mit den Sisters of Bon Secours in Irland lässt sich erahnen, wie weit Praktiken des 19. Jahrhunderts ins 20. hineinreichten. Im Vergleich dazu musste die promiskuitive, auf Zeugung ausgelegte Familienpraxis des Lebensborns als eine Form der Befreiung für Männer gelten. Frauen wurden weiterhin in die Mutterrolle gedrängt und oft allein gelassen. Kaeslers Vater stahl sich aus der familiären Verantwortung, die seine praktiziert Ideologie von ihm auch nicht verlangte. Die Lebensbornsäuglinge wurden in den Heimen nach einem antichristlichen Ritus „getauft“. In der frühen Sowjetunion nannte man es „oktobern“.[14] 1980 führte Dirk Kaesler ein ausführliches Interview mit seiner Mutter, in der sie intensiv von dem guten (deutschen) Aussehen des Vorgesetzten und ihrer Liebe zum Vater ihres Kindes berichtete. Der Liebesdiskurs hielt in Briefen auf fast eloquente Weise. Doch in den 50er Jahren wurde er brüchig von Seiten des Vaters, bis er die Liebe gänzlich leugnete. In der Autobiographie von Helmut Dietl entdeckt Kaesler gegen Schluss eine erschreckende Ähnlichkeit zu seiner Biografie. Der Schrecken zeigt sich in der sozialhistorischen Vergleichbarkeit individueller Lebensläufe.

Familiengeschichten verdanken sich nicht zuletzt Traumata. Nirit Ben-Joseph und Dirk Kaesler sprachen im Mitte Museum über ganz unterschiedliche Traumata in ihren Familien von Opfern und Tätern des Nationalsozialismus. Traumata werden weniger durch Sprechen, mehr durch Schweigen vererbt in Verhalten und Praktiken des Zusammenlebens. Einen Wink auf Traumata in der Familie hat Falk Richter mit seinem Projekt The Silence 2023 an der Schaubühne gegeben.[15] Dirk Kaesler brauchte sein ganzes Leben, bis er 2023 sein Buch Lügen und Scham – Deutsche Leben veröffentlichen konnte. Die Traumata hatten sich tief in sein Leben eingeschnitten. Nirit Ben-Joseph hat mit dem Schweigen in ihrer Familie gebrochen, um heute an das Leben ihrer Angehörigen in Berlin zu erinnern. Das Format des Gesprächs kann nichts rückgängig machen, aber es kann das Schweigen durchbrechen und ein Nachdenken anstoßen. Denn es generiert Wissen, das nie wieder erlaubt, nichts gewusst zu haben und nicht verantwortlich zu sein.
Torsten Flüh
Nirit Ben-Joseph
„You look so German!”
(Hebräisch mit deutschen Untertiteln)
Berlinführungen
Dirk Kaesler
Lügen und Scham – Deutsche Leben
Berlin 2023
Vergangenheitsverlag
Mitte Museum
Pankstraße 47
13347 Berlin
Sonntag-Freitag 10:00-18:00 Uhr
Eintritt frei
Sonderausstellung
Charterflug in die Vergangenheit
bis 15. März 2026
Gedenkort Güterbahnhof Moabit
Jederzeit öffentlich zugänglich.
[1] Zu Albert Speer siehe: Torsten Flüh: Bildgewaltige Faszination und Verstörung. Sthalpuran in der Sektion Generation und Speer Goes to Hollywood als Berlinale Special feiern Weltpremiere auf der 70. Berlinale. In: NIGHT OUT @ BERLIN 28. Februar 2020. Ebenso: Angst und Schrecken der Nord-Süd-Achse. Zur Lesung SCHWER BELASTUNGS KÖRPER im Kontext der Ausstellung Macht Raum Gewalt in der Akademie der Künste. In: NIGHT OUT @ BERLIN 6. Juli 2023.
[2] Siehe Wikipedia: Wilmersdorfer Witwen.
[3] Die Synagoge Haigerloch wurde 1999 von einem Gesprächskreis gekauft und im November 2008 mit einer Dauerausstellung eröffnet. Synagoge Haigerloch.
[4] Siehe Gedenkort Güterbahnhof Moabit.
[5] Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Hrsg.): Einleitung. In: Charterflug in die Vergangenheit. Berlin, 2. veränderte Auflage 2025, S. 8.
[6] Siehe auch https://www.deutschlandfunk.de/25-todestag-der-exilschriftsteller-hans-sahl-100.html
[7] In einem Gespräch mit Gisèle Freund in ihrer Pariser Mansardenwohnung 1991 umgeben von ihren Graphikschränken mit ihren Fotografien bestand Gisèle Freund darauf, dass sie nicht als Jüdin aus Deutschland geflohen war, sondern als links-politisch aktive Studentin. Sie wurde dann an der Sorbonne mit ihrer fotografiehistorischen Arbeit La Photographie en France au dix-neuvième siècle 1936 promoviert, die wiederum Roland Barthes 1980 in seinem Buch La chambre claire zitiert hatte. Ihre Flucht nach und ihr schnelles Bekanntwerden in Paris ist nicht zuletzt queer History. Sie wurde schnell zur Akteurin in der Szene der homosexuellen und linken Intellektuellen auf dem Rive gauche, dem Universitätsviertel auf der linken Seite der Seine in Paris. Über ihr lesbisches Leben sprach sie allerdings kaum, sehr wohl aber über die männlichen Aktfotografien ihres Freundes Alfred Eisenstaedt???: „Voila, le sex, le sex …“
[8] Zitiert nach Stiftung Gedenkstätte Deutscher Wiederstand (Hrsg.): Charterflug … (wie Anm. 5) S. 9.
[9] Ebenda.
[10] Dirk Kaesler: Lügen und Scham – Deutsche Leben. Berlin: Vergangenheitsverlag, 2023, S. 7.
[11] Ebenda S. 41-42. —–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Prof. Dr. Dirk Kaesler <Kaesler@uni-marburg.de>
Gesendet: Donnerstag, 27. November 2025 12:13
An: Dr. Torsten Flüh <torsten.flueh@nightoutatberlin.de>
Cc: nirit@snafu.de; friedenberg@mittemuseum.de; kaesler@uni-marburg.de
Betreff: Re: Deutsch aussehen – Zur Veranstaltung Familiengeschichte(n) zwischen Tätern und Opfern mit Nathan Friedenberg im Mitte Museum
Lieber Torsten Flüh,
erst jetzt komme ich dazu, Ihren beeindruckenden Beitrag gründlich zu lesen. Insgesamt: Großartig! Die ganze Geschichte auf die Thematik des „Aus-Sehens“ einzudampfen ist, ist wirklich genial.
Schon auch darum, weil es diese immer auftauchende Agitation über die Unterscheidung der „Bio-Deutschen“ und der „nur Passdeutschen“
aufnimmt, ohne sie zu benennen. Auf meinem Insta-account habe ich das mit dem Foto der deutschen National-Mannschaft im Fußball adressiert.
Können Sie sich noch daran erinnern, als Alexander Gauland den Fußballer Jérome Boateng nicht als seinen Nachbarn sehen wollte? Einen in Berlin geborenen Christen, mit deutscher Mutter und Vater aus Ghana, der schwarze Hautfarbe hat…
Sie fragen nach Änderungswünschen. Ich habe einen, nämlich eine Ergänzung der Fußnote 11, wie folgt:
Im Anschluß an die Veranstaltung im MitteMuseum teilt Dirk Kaesler den Namen seines leiblichen Vaters mit, den er im Buch als „Hubert Rolf“ anonymisierte. Es sei, so schreibt er, an der Zeit, den Klarnamen dieses Mannes zu publizieren.
Es handelt sich um Rudolf Herbert, geboren am 15. Mai 1910 in Konz bei Trier, gestorben am 30. Juli 1984 in München. Dieser Mann wurde als 23-Jähriger Mitglied in der NSDAP (Mitgliedsnummer 3.055.777) und gehörte ab 1938 der SS an (Mitgliedsnummer 291.293). Im August 1942 wurde er zur Hauptabteilung des SS-Vereins „Lebensborn e.V.“ abkommandiert und diente zuletzt als SS-Untersturmführer als Sachbearbeiter in dessen Münchner Verwaltungszentrale. Seine späteren Verwendungen waren die Tätigkeit als Verwalter des Lebensbornheims „Pommern“ im damaligen Bad Polzin (heute Polczyn in Polen) und des Lebensbornheimes „Friesland“ im Herrenhaus Hohehorst bei Bremen. Er zeugte insgesamt sechs Kinder, zwei davon „unehelich“.
[12] Ebenda S. 41.
[13] Ebenda 42-43.
[14] Siehe: Torsten Flüh: Oktobern als Befreiung und Disziplinierung des Menschen. Zur Ausstellung Das sowjetische Experiment und der Filmedition Der Neue Mensch. In: NIGHT OUT @ BERLIN 16. März 2017.
[15] Siehe: Torsten Flüh: Auf dünnem Eis. Zur gefeierten Deutschen Erstaufführung von Falk Richters The Silence an der Schaubühne. In: NIGHT OUT @ BERLIN 17. Dezember 2023.
