Blog-Forschung

Forschung- und Wissenschaft-Blogs gibt es viele. Science-Blogs sind ein eigenes Genre. Doch was ist Blog-Forschung?

Foto: Torsten Flüh: Alfredo Jarr: ANDERE MENSCHEN DENKEN (John Cage)

NIGHT OUT @ BERLIN hat seit 2009 eine Blog-Forschung in den Kategorien Blog-Science (60), Eat out (25), Film (124), Interview (3), Kultur (368), Medien Wissenschaft (304), Oper (77), Party (19), Streetart (19), Tanz (40), Theater (102) entwickelt und entfaltet. (siehe Archiv) Es gibt in einigen Besprechungen Überschneidungen von Kategorien.

Navigationsbalken von NIGHT OUT @ BERLIN mit Jaxblog.

Mit der Blog-Forschung und über die Praxis des Bloggens mit Verlinkungen und Schlüsselbegriffen bzw. Tags wurde eine Praxeologie als wissenschaftliches Verfahren nicht zuletzt mit einem wissenschaftlichen Apparat als wiederum verlinkte Fußnoten entwickelt. Damit wird zugleich ein Format von wissenschaftlichem Arbeiten angewendet wie kritisch befragt. Der Text in seinen vielfältigen Verlinkungen verliert sich in den Weiten der Netze. Umgekehrt generiert sich der Text aus den unbekannten Weiten für einmal.


Ein Teil dieser Wissenschaftspraxis, die das Schaffen von Wissen im digitalen Medium Blog im Internet besprach, generierte und analysierte, ist durch ein Software-Update im März 2019 online wahrscheinlich unwiederbringlich verloren gegangen. Die Besprechungen wurden offline in Dateien gesichert. Einige andere sind erhalten geblieben und thematisieren explizit ein Blog-Wissen als „Haltung zur Frage des Wissens“.


Besonderer Aufmerksamkeit wurde und wird dem Verhältnis von Bild und Text geschenkt. So reflektieren die Besprechungen zu den Atlas-Forschungen (2016) von George Didi-Huberman die Konstellationen von Bildern. Lässt sich ein Blog ähnlich wie der kulturwissenschaftliche Atlas von Aby Warburg unter dem Titel gebenden Namen Mnemosyne verstehen? Was ist ein Bild? Wie lässt sich Text nicht zuletzt als Geflecht aus Verlinkungen und Verweisen denken?


Die Kategorie Blog-Forschung/Blog-Research generiert und reflektiert eine unabgeschlossene, ergebnisoffene Forschung im Medium Blog zwischen Mikro-Blogs wie Twitter oder Facebook bis zu Lyrik-Blogs wie dem „Begriffsstudio“ von Monika Rinck (Kleist-Preis 2015) oder Ai Weiweis verbotenem Blog (2006-28. Mai 2009) als „Internetliteratur“. Doch auch die „Literarisierung der Lebensverhältnisse“ , wie Walter Benjamin sie mit seinem Text „Die Zeitung“ 1934 formuliert, wird von der Blog-Forschung bedacht.

2014 wurden die angeforderten Schriften im Berufungsverfahren auf die W3-Professur in Neuere deutsche Literatur an der Universität Potsdam als vergleichbare Leistung zur Habilitation anerkannt. Eingesandt wurden auch 3 Besprechungen zu Navid Kermani, Theodor Fontane und Yoko Tawada. Die Blog-Forschung hat sich nicht zuletzt durch eine Einladung zum Vortrag im Berufungsverfahren in das Buch „Flugblatt – Zeitung – Blog“ transformiert, das zur Frankfurter Buchmesse 2017 im Passagen-Verlag, Wien erschienen ist.

Torsten Flüh (April 2019)

Peter Engelmann (Verleger) und Torsten Flüh, Stand des Passagen Verlags auf der Frankfurter Buchmesse 2017.